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Kalchrain-Pfyn

2024-03-07

Nach einer längeren Fahrt ab Frauenfeld durch diverse Dörfer lud das Postauto beim Hörnliwald ob Hüttwilen eine ansehnliche Schar SAC Senioren aus. Erst ging es im Gänsemarsch ein Stück wieder der Strasse nach zurück, dann über einen matschigen Wiesenweg. Schon bald grüsste unterhalb das imposante Gebäudeviereck des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters Mariazell zu Kalchrain. Der Bau von 1697, vom bekannten Baumeister Caspar Moosbrugger, einem Vertreter der Barock-Baumeister- und Kirchenmalertradition aus dem Bregenzerwald, der unter anderem auch die Klosterkirche Fischingen sowie das Kloster Disentis entwarf, markiert den Höhenpunkt in der wechselvollen Geschichte des ehemaligen Klosters. In der Zeit der jungen Eidgenossenschaft 1324 gegründet starb es um die Epoche der Reformation fast aus und blühte wieder auf in der Gegenreformation nach 1550. Nach der Bundesgründung 1848 wurde das Kloster aufgehoben und in eine Zwangsarbeitsanstalt umgewandelt. Heute heisst das etwas humaner «Massnahmenzentrum für straffällige junge Erwachsene».

Oberhalb von Rebhängen – leider wegen des Hochnebels ohne die angekündigte Weitsicht in die Alpen – geht es erst eine Weile flach, bis der Weg mit Treppen steil in das Dorf Herdern hinunterführt. Im schönen Schlosshof gibt es einen Bedürfnishalt, andere Teilnehmer:innen benutzen die Zeit für eine Visite im Schlossladen. Ursprünglich als Wehrturm der Grafen von Toggenburg erbaut – der in der Folge durch einen Aufbau mit Zwiebelturm gekrönt wurde - erhielt das Schloss seinen Ausbau zum beindruckenden Baukomplex ebenfalls in der Barockzeit. Am Ende des Jahrhunderts 18 wurde es in eine Arbeiter-Kolonie umgewandelt, in der Tippelbrüder, Vaganten und Trinker zu nützlicher Arbeit erzogen werden sollten. Heute ist es mit vielen Nebengebäuden – ebenfalls im Wortlaut etwas angepasst - eine «Wohn- und Arbeitsstätte, die sich um Menschen kümmert, die aus sozialpsychiatrischen Gründen auf einen geschützten Rahmen für ihre Lebensführung angewiesen sind, häufig in Verbindung mit einer Alkoholabhängigkeit».

Über Feldsträsschen geht es abwärts der Thur entgegen und dem Rastplatz, wo wir unser Picknick einnehmen. Man ist versucht, geniessen zu schreiben, doch weil sich die Sonne nirgends blicken lässt, wegen der andauernden Bise und den Temperaturen im tiefen Plusbereich ist Manche:r froh, dass man sich wieder bewegen kann. Bis ganz an die Thur geht es nicht – wegen langweiligem Weg auf dem Damm - sondern wieder zurück, so dass wir das eindeutig schönste, kurze Stück zweimal auskosten können, den Weg durch den Auenwald dem mäandrierenden Seebach entlang. In knapp einer Stunde erreichen wir über Feld- und Waldsträsschen Pfyn, wo wir uns zum Abschluss mit Kaffee und Kuchen verwöhnen, in dem für das Dorf völlig überdimensioniert wirkenden, zweistöckigen, mit Süssigkeiten und Schnickschnack vollgestellten Café Bürgi.

 

Text:               Hansruedi Rutz

Fotos:             Ruedi Flotron

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