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Zwingliweg 4: Klöntal - Glarus

2020-06-11

Auf der letzten Zwingliweg Etappe von Weesen nach Glarus sind wir ja nicht bis in den Hauptort gekommen – wie auch Zwingli nicht direkt von Weesen nach Glarus gelangte, sondern dazwischen 12 Jahre in Bern, Wien und Basel studiert hat – und haben den Weg hoch über dem Tal des Glarnerlands abgebrochen. Wie um die Symbolik noch zu verstärken, sind wir nun - schon auf dem Weg nach Einsiedeln - in umgekehrter Richtung gegangen zu der wichtigen Wirkungsstätte Glarus.

Das Postauto bringt uns zuhinterst an den Klöntalersee. Die Befürchtungen von einem regn erischen, nebelverhangenen Tag weichen angesichts von blauen Fetzen am Himmel und dramatisch beleuchteten Wolkenbildern am steilen Nebelchäppeler – was für ein treffender Name -  Begeisterung. Der Weg am See entlang führt mit nur minimen Höhendifferenzen meist durch einen zauberhaften Wald mit moosbewachsenen Bäumen und grünem, frischem Laub. Immer wieder erlaubt er Ausblicke auf den See, der mit der stark wechselnden Beleuchtung und den theatralischen Wolkenvorhängen sehr zur Geltung kommt. Man wird sich bewusst wie steil die Felswände am bergseitigen Wegrand sind, da immer wieder Wasser weit oben von den überhängenden Felsen aussen auf den Weg tropft und bei den schleiernden Wasserfällen, bei denen man den Kopf in den Nacken legen muss, um sie in der ganzen Höhe zu bewundern. Nach rund zweistündiger Wanderung gelangen wir zur Staumauer am Ende des Sees.

Der Klöntalersee war ja ursprünglich ein natürlicher See, bevor er 1904 mit dem Bau der Mauer zum bis nach dem ersten Weltkrieg grössten Speicherkraftwerk der Schweiz ausgebaut wurde. Nach einer stärkenden Suppe mit Wienerli geht es über die Staumauer wieder zurück und gleich 250 Höhenmeter steil hinauf zur Schwammhöchi und zu einem letzten Blick zurück auf den See und den wolkenumspielten Glärnisch beim Kaffeehalt. Der Abstieg nach Glarus, meist auf Kiessträsschen, ist nicht mehr sehr ereignisreich. Durch die Bleichestrasse mit mehreren imposanten Tröcknegebäuden, die von der vergangen alten Textilindustrie Glarus’ zeugen, wandern wir geradewegs auf die Stadtkirche zu, in der Walter uns über die Glarner Berufung von Zwingli berichtet.

Nach seiner Studienzeit in Wien, wo er eng befreundet war mit Joachim von Watt, dem später für St. Gallen so bedeutenden Vadian, und nach einem Theologiestudium in Basel kam er als blutjunger, 22-jähriger Priester nach Glarus. Er war sehr volksverbunden und gründete eine Lateinschule, aber bildete sich auch intensiv weiter, lernte griechisch, las sowohl die Evangelien als auch die griechischen Philosophen im Urtext und korrespondierte mit Erasmus von Rotterdam. Er war sehr papsttreu und zog mit den Schweizer Söldnern in Diensten des Papstes als Feldprediger in die Kriege nach Oberitalien. Nach dem Blutbad von Marignano 1515 begann ein Umdenken zum Solddienst. Doch nicht das war auschlaggebend zu seinem Zerwürfnis mit den Behörden, das ihn 1516 zum Wegzug nach Einsiedeln trieb, sondern seine papsttreue Opposition zum Vertrag der Eidgenossen mit Frankreich, der letztlich der Schweiz mehr als 350 Jahre einen «vorteilhaften» Frieden bescherte. Auf der nächsten Etappe nach Einsiedeln lernen wir mehr über dieses interessante Kapitel Zeitgeschichte kennen.

Text:    Hansruedi Rutz

Fotos:   Ruedi Flotron und Eva Hehli

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