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Mont Blanc, 27. bis 30. April 19

2019-04-27

Wie wunderbar! Dieses Jahr scheint’s zu klappen! 

Alle konnten um zwei Tage nach hinten verschieben. Geplant war 25. bis 28. April. Die Wetteraussichten waren schlecht, und wir zielten auf das beste Wetterfenster für den Mont Blanc!

27.4.19 Jemand hatte kurz vor der Tour im Internet herausgefunden, dass die Mittelstation der Bahn auf Grand Montets niedergebrannt war, und wir deshalb den Start unserer Tour 1300 Hm tiefer legen mussten. Aufstieg anstelle Abfahrt war angesagt! Alle genossen wir das Zotteln entlang und auf dem Glacier d’ Argentière. Eindrücklich zeigte uns der Gletscher seine zerrissenen Zonen. Steil und ungastlich war der Zustieg zur Réfuge d’Argentière (2771m). Von weitem leuchtete das neongelbe Schild „ouvert“ und verwirrte das schwere Motorrad auf dem Dach. In der Hütte war es nicht wärmer als draussen, nur der Wind blieb ausgesperrt! Mit Daunenjacken und Mützen zwickten und plauderten wir. Allen merkte man die Anspannung des ehrwürdigen Mont Blancs an. Werden wir das schaffen? Die Höhe, die vielen Höhenmeter auf dieser Höhe, die Kälte, das Wetter? Um 21.00 wurden wir zu Bett geschickt, denn der Essraum musste noch geputzt werden...

28.4.19 Nebel, starker Wind, Schneefall; immer noch! Nach dem Zmorgen blieben wir sitzen, mussten aber den Tisch wechseln, weil die ganze Hütte peinlich genau geschrubbt wurde, tranken Tee oder Kaffee und zwickten, blätterten in Broschüren, schnappten noch ein Schläfchen oder hingen unseren Gedanken nach. Der geplante Übergang über den Col du Chardonnet und das Fenêtre de Saleinaz ist in Ferne gerückt. Zuerst hiess es, wir könnten keine zweite Nacht bleiben, da die Réfuge d’Argentière ausgebucht sei... lange Gesichter... wir wollten uns doch etwas akklimatisieren und nicht unten im Tal übernachten... bis die Hüttenchefin uns mitteilte, dass sie sich im Datum geirrt habe und wir trotzdem bleiben dürften J. Im Laufe des Morgens wurde es draussen etwas freundlicher. Wir zogen los zum Col du Tour Noir (3533m). Wieder staunten wir über die Wildheit des Glaciers des Améthystes und beobachteten eine ansehnliche Staublawine. Es hat mehr Schnee gegeben, als wir dachten. Die Wolken liessen zeitweise atemberaubende Blicke auf die gezackte Bergwelt zu. Auf dem Col verweilten wir nur äusserst kurz. Es war eiskalt. Die Hände kaum mehr spürbar, unsere Gesichter zierten weisse Nasenflügel. Das kurze Schöner-Wetterfenster war vorbei! Nur schnell wieder runter in die „warme“ Stube... schön wär’s! Nach einigen tollen Tiefschneehängen und steinigen Passagen zog uns der Blick auf die Réfuge in den Bann. Doch! Drinnen ist es eben doch angenehmer als draussen, dank Mützen und warmen Jacken.

29.4.19 Eine schmale Mondsichel leuchtete uns beim Frühstück zu. Weg waren Nebel, Wolken, Schneefall und Wind! Nach einer kurzen Abfahrt und etwas Stöckeln zogen wir die Felle auf und erklommen die für die Bahnbenutzer zur Zeit unerreichbare Aiguille des Grands Montets, das heisst, nicht ganz, nur bis auf 3040m. Das reichte uns, denn wir hatten später am  Tag noch einige Höhenmeter vor. Es folgten 1800Hm ober-mega-hammer Pulverschneeabfahrt! Vom Feinsten! Nun wussten wir wieder wieso all die Strapazen eines Aufstiegs in Kauf genommen werden! Und das Sahnehäubchen: Wir waren die Ersten J! Wow! Juhuuu! Am Schluss führte uns die Piste bis vor die Talstation wo wir den Bus Richtung Chamonix nahmen. Eine Station später als nötig stiegen wir aus und machten uns auf zur Aiguille du Midi-Bahn. Der Mont Blanc zwinkerte uns von weit oben zu! Von 4808m hinab auf 1037m reicht seine weisse Schönheit! Bis Plan de l’Aiguille (2310m) liessen wir uns hochtragen. Bei Sonnenschein und Hitze assen wir Zmittag bis uns der Nebel verschluckte. Warm war es immer noch, aber die Sicht beschränkte sich auf wenige Meter. Die Spur führte uns zielgenau dem Sommerwanderweg entlang. Die langen Fahrquerungen mit den Fellen und das Auf und Ab raubten Kraft, bis wir dann endlich vom Glacier des Bossons mit einem eindrücklichen Spaltenübergang von der Moräne auf das ewige Eis begrüsst wurden. Alles war noch eine Spur eindrücklicher als auf den Gletschern bisher! Wir waren froh um die Spur und konnten es kaum fassen, dass wir kurz unterhalb der Réfuge Grands Mulets dem Nebel entstiegen. Die Skis wurden auf dem Gletscher unterhalb der Felsen, auf denen die Hütte wie ein Adlerhorst thront, über Nacht deponiert. Ein klettersteigähnlicher Aufstieg führte zur mit Metall verkleideten Réfuge auf 3051m. Erwähnenswert ist der Empfang, bei dem wir alles angeben mussten, was wir nicht wussten (Aufstiegsroute, damit wir nicht zu früh frühstücken können; wie viele Tee/Kaffee/Schoggi zum Zmorgen; wie viele Flaschen Marschtee), die peinlich genaue Kontrolle der SAC-Ausweise und das Plumpsklo über dem Gletscher (das kleine Loch forderte die wenigen Mont Blanc-Anwärterinnen...). Das Nachtessen nahmen wir mit der zweiten Serie ein. Vor dem Zubettgehen leuchtete uns ein farbenprächtiger Sonnenuntergang. Wie jedes Mal waren alle hin und weg von diesem Naturschauspiel!

30.4.19 Um 02:30 Uhr klingelte der Wecker. Punkt 03:00 Uhr standen wir in der Gaststube und warteten auf unser Frühstück. Die ersten Lichter zogen schon Richtung Arrète, der westlichen Route zum Dôme du Goûter. Die Normalroutengänger der östlicheren Route bekamen das Frühstück erst zwischen 03:00 und 04:00 Uhr... Im Dunkeln bewältigten wir den „Klettersteig“, deponierten unten unnötiges Gepäck und zogen nach dem Enteisen der Skis die Felle auf. Dank des Neuschnees führte eine wunderbare Spur mit gefühlt tausend Spitzkehren durch das Gletscherlabyrith, welches wir zu Beginn kaum wahrnahmen. Erst mit dem Löschen der Stirnlampen hatten wir Augen für die Eisklötze und Spalten in ihren hunderten von Blautönen. Und erst die Séracs! Einerseits wunderschön und andererseits bedrohlich hängen tonnenschwere Eisgebilde weit oben. Warum sollten diese Séracs genau jetzt, wo wir da sind abbrechen...? Weiter ging’s, an der Gefahr vorbei, die Aiguille du Midi zur Linken immer niedriger werdend, den Mont Blanc immer im Blick, zum Col du Dôme (4250m). Der Sauerstoffgehalt in der Luft liess schon etwas zu wünschen übrig! Aber das schaffen wir! Am Hang unter der Réfuge Vallot war das allgemeine Skidepot. Die Zeit der Steigeisen brach an. Im Windschatten der Réfuge Vallot genossen wir gefrorene Snickers und Co., tranken, wenn nicht gefroren, etwas Tee und bereiteten uns mental auf die noch bevorstehenden 450Hm vor. Der Wind verwischte die Konturen der Grate. Sind wir stark genug? Andererseits schaffen es alle anderen auch... Fuss vor Fuss und Gratabschnitt um Gratabschnitt näherten wir uns dem höchsten Gipfel der Alpen. Rundherum wurde alles klein und nichtig. Nur der Mont Blanc wachte noch über uns. Bis... endlich... um eine Kuppe herum der definitiv letzte Anstieg erschien. Unglaublich! 4808m über Meer! J! Wir standen oben, fielen uns in die Arme, schossen Gipfelfotos, froren oder froren auch nicht, blickten auf die Spielzeugwelt rundherum. 10 Minuten waren uns auf dem Gipfel vergönnt, von 12:05 bis 12:15 Uhr, nur zehn Minuten! Viel zu kurz, um zu begreifen, dass es wahr ist! Zügig mussten wir absteigen, denn die letzte Bahn von Plan de l’Aiguille fuhr um 17:10 Uhr. Nach 100Hm Abfahrt bemerkte Hans, dass sein Handy aus dem unerklärlicherweise offen gebliebenen Hosensack herausgefallen war. Schade! So sind doch einige für uns wertvolle Fotos und für Hans noch mehr verloren gegangen. Aber wie finden? Unmöglich! So ein Ärger!!! Nichts desto trotz zogen wir unsere Spuren durch den tiefen Schnee, waren diesmal aber leider nicht die ersten. Nach Luft schnappten wir, als wir beim Fahren plötzlich über Löcher im Schnee fuhren (aha, ja, wir befanden uns auf einem ziemlich lebendigen Gletscher!). Zwei unserer Gruppe holten das deponierte Gepäck und weiter hetzten wir der Bahn entgegen. Das Auf und Ab dorthin erforderte immer wieder Fellwechsel, und eigentlich waren wir (mindestens die einen) am Ende der Kräfte... Keine Zeit blieb, um auf die Nassschneelawinen zu achten. Noch 20min! Und noch soo weit... Zwei von uns schafften die letzte Bahnfahrt, sie schrien uns noch zu: „no füüf Minute!“, der Weg hinauf dauerte aber trotz aller möglicher Eile 15Min...! Die Vorausgeeilten schafften es nicht, die Bahnbetreiber zu überzeugen, dass diese mit Fahren doch noch auf die fünf ermatteten Tourengänger warten sollten. Wieso auch? Die können doch auf den Skis so weit als möglich runterfahren und den Rest noch zu Fuss absteigen! So standen wir Mont Blanc-Bezwinger traurig und unverstanden in der Bahnstation und liessen uns von einem Angestellten erniedrigen. Vielleicht mit der nächsten Dienstfahrt um 22:00 Uhr? Plötzlich stand da engelsgleich ein junger Mann und fragte: „Do you need a driver?“. Binnen fünf Minuten hatten wir alles zusammengepackt und schwebten überglücklich Chamonix entgegen, wo uns die zwei Schnellen mit einer Welle begrüssten! 24 Std. nach dem Aufstehen fiel auch die/der Letzte von uns zu Hause glücklich ins eigene Bett. Schön wäre es gewesen, noch eine weitere Nacht zu Füssen des Mont Blancs in der Réfuge Grands Mulets zu verbringen und so unsere Leistung richtig wahrzunehmen, ohne Gehetze...!

Eine Woche später Geduscht, Flüssigkeitsverlust und Kalorienminus aufgefüllt, Fotos angeschaut und geordnet... erscheint der Mont Blanc schon so weit weg und alles ist unwirklich. Haben wir das wirklich geschafft? Wenn die Fotos nicht wären, glaubte ich, es wäre nur ein Traum! 

Herzlichen Dank an Hans Fitzi, der uns mit gemächlichem Schritt genau richtig und stets voran geführt hat. Danke den Bergfreundinnen und –freunden für das gemeinsame, riesige, unglaubliche Erlebnis.

TeilnehmerInnen: Hans Fitzi (Bergführer), Doris Frischknecht, Sepp Meier, Dave Karrer (Fotos), Karl-Heinz Knappe (Fotos), Kurt Roos, Hans Egli (der leider vorzeitig von Argentière zurückgereist war), Bettina Bachmann (Text)

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