2017-10-21
Warum auf so vielen Gipfeln eigentlich Kreuze stehen würden, fragt Sandra ganz oben. Gute Frage. Zu Ehren von Gott und Vaterland, könnte man meinen. Für viele Gipfelkreuze trifft dies auch zu; vor allem für diejenigen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Ein Produkt der Romantik, verbunden mit viel Patriotismus. Das Kreuz als Symbol findet sich aber schon in urzeitlichen, also vorchristlichen Höhlen. Die Verbindung von oben mit unten, von Sonnenaufgang und Untergang ist eine frühe Darstellung der Welt, in der wir leben. Das Bergkreuz muss also nicht religiös interpretiert werden. Immer schon haben Gipfelzeichen belegt, dass ein Berg bestiegen wurde, und natürlich sind es auch Wegmarken und Grenzzeichen. So wussten auch Reini, Sandra, Manuela, Kurt, Christoph, Sepp und der Schreibende trotz des Nebels, dass der Gipfel nahe ist. Dass wir ihn an diesem neblig-kühlen Herbsttag bei Sonnenschein erreicht haben, ist im Gipfelbuch dokumentiert. Wir folgen, in der Regel ohne gross darüber nachzudenken, alten Gepflogenheiten – bis jemand fragt.
Ob er den Sturmschritt eingelegt habe, fragt einer ganz unten. Er werde gleich den Landsgemeindeschritt einlegen, sagt Tourenleiter Reini Wick, und sie seien halt noch im Albanien-Schritt-Modus. Von der eindrücklichen Albanien-Reise hat auch Kurt nicht nur erzählt, sondern mit traditionellem, luft-gekühltem Raki (ein Grappa, oft mit Zwetschgen) aus dem Flachmann (und OLMA-Magenbrot von Rohner!) einen anderen Gipfelbrauch in Erinnerung gerufen. Bald schon sind wir wieder unten beim Wegweiser Rüggli, der den Weg zur Selamatt weist. Oder zur Sellamatt, wie Bahn und Berghotel angeschrieben sind? 1216 ist die Sinewellenmatt erstmals schriftlich belegt, was so viel wie „runde Matte“ heissen soll. Also doch eher Doppel-l ? Sei‘s drum! Nicht nur das Wetter und die leuchtenden Wälder, auch ein Blick aufs Tourenprogramm zeigt, dass das Tourenjahr 2017 im Sturmschritt zu Ende geht. Auch die Bahn macht Saisonschluss, aber erst morgen Sonntag, also fahren wir so mühelos zu Tal, wie wir hochgekommen sind. Ein schöner, gemächlicher Abschluss, in kleiner, aber feiner Gruppe. Danke.
Fotos: R. Wick und W. Bächtold Text: W. Bächtold