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JO Hochtour Gross Spannort

2017-07-02

JO Hochtour Gross Spannort (1. und 2. Juli 2017)

Nur schon die Tourenausschreibung liess jeden begeisterten Hochtourengänger in unserer JO in ein Gedankenabenteuer stürzen: 150 Jahren nach der Erstbegehung soll es die JO Toggenburg erneut auf den Gross Spannort wagen. Eine schöne und abwechslungsreiche Hochtour erwarte uns.

Die Wetterprognosen vorab brachten manchen Leiter ins Grübeln. Keiner der grossen Wetterpropheten sprach von Badewetter bei wolkenlosem Sonnenschein - nicht mal unser Scheinostschweizer, der Kachelmann. Ganz im Gegenteil erzählten die Meteorologen von "weder-Fisch-noch-Vogel-Wetter". Diesen unsicheren Bedingungen trotzend, wandten wir uns dem Optimismus zu - in der Hoffnung den Royal Flush zu bekommen.

In Engelberg angekommen, wurden wir portionenweise per Auto ins Surenen-Tal verfrachtet, wo wir kantonsüberschreitend Richtung Spannorthütte aufbrachen. Auffallend beim Aufstieg war das farbige Gesteinsmassiv, worüber uns Doktor Wohlwend bei seiner Teilnahme einen interessanten Vortrag über die tektonische Einheit, den Gneiskomplex oder einfach gesagt das autochthone Mesozoikum hätte halten können. Glücklicherweise wurden wir bis zur Ankunft von Nässe verschont - das Wetter bis anhin wäre vielleicht einem Doppelpaar oder einem Drilling gleichgekommen. Unseren Erkenntnissen zufolge sind wir Toggenburger wohl nicht die einzigen Revolutionäre in puncto Hüttenstandards, denn auch die Warte der Spannorthütte der Sektion Uto liessen sich in einem Baustellenviertel einbetten. Lärmverschont durch die wochenendliche Arbeitskarenz, genossen wir selbstgemachte Linzertorte mit Kaffee oder Tee bei lustiger Gesellschaftsspielerei. Der Tag wurde abends mit einer "sehr sehr geilen" Gemüsesuppe, Rindsvoressen an einer Bratensauce mit Kartoffelstock und Rotkraut sowie Meringue-mit-Rahm gekrönt. Spannung auf das Wetter am Sonntag baute sich auf - die Zehn, den Joker und die Queen hielten wir bereits in unseren Händen.

Sehr früh am Morgen wurde geweckt und gestreckt. Bereits der Blick nach draussen liess jede und jeden ein Schaudern spüren - nun lag auch der König auf dem Tisch. Nach dem Auffüllen der Energiereserven - quasi unseren Kamelhöckern - begaben wir uns "Tolkiens-Bilderbuch"-mässig als lediglich acht Gefährten auf den Weg zu dem triumphalen vor uns liegenden Gipfel, dem Gross Spannort. Ruhe, ein leiser Wind und leichte Benommenheit herrschten vor. Letztere schien bei den Meisten ein Überbleibsel des gewohnheitsbrechenden Aufstehens zu sein und formte sich rasch in Klarheit und Euphorie. Angekommen auf der Schlossberglücke erstarrten unsere Blicke über dem Gletscher bei der "National-Geographics"-tauglichen Aussicht bis hin zum Piz Bernina. Es war das Gefühl wie wenn man als blonder und blauäugiger Frauenschwarm am Poker-Tisch sitzt und mit seiner jahrelangen Erfahrung weiss, dass die letzte Karte, das Ass, noch zu liegen kommen wird. Ja, der Terence Hill... Anschliessend erinnerten die Geräusche des Laufens auf dem Gletscher an das am Morgen genossene Crunchy-Müesli - das Lauftempo authentisch in Klang und Rhythmus wie das Kautempo. Der westliche Ausschwenker um das Sedimentgesteinsmassiv des Grossen Spannorts gewährte uns den Marsch der Sonne entgegen. Vom Spannortjoch, dem südlichen Ausläufer unseres Zielgipfels, kletterten wir bei einfacher Gratkletterei bis auf den Bergrücken und vollendeten die restlichen hundert Höhenmeter zu Fuss. Einzigartig, triumphal, traumhaft, unbeschreiblich. Es wurden einem dafür die Worte gestohlen. Das gleichfarbige Ass wurde aufgetischt: der Royal Flush, wir hatten ihn. Nach wortwörtlich besonnenem Mittagessen begaben wir uns auf den Abstieg. Es war das Déjà-vu und Déjà-vécu in umgekehrter Reihenfolge, wie wenn man einen Charlie-Chaplin-Film retour spult. Geschaffene Beine mit der angenehmen leichten Erschöpfung machten sich bei der Hüttenankunft breit. Die Freude auf erneuten Kaffee oder Tee mit einem Stück Linzertorte stand allen in die Gesichter geschrieben.

Der Wecker klingelte. Es rasselte auf dem Dach. Milchiges Tageslicht drang bei leichtem Öffnen der Augen in den Raum. Hatte ich geträumt? Alle noch da, dem Petrus stank es wohl und das reguläre Sonntagsausschlafen hatte stattgefunden. Ach was soll's, war ein schöner Traum. Und das Morgenessen stand erst noch an. Nicht nur das, denn auch ein weiterer Hüttentag mit Kuchenplausch war geplant. Glücklicherweise waren unsere vormittäglichen Spaltenrettungsübungen im Trockenen. Als Garantie für eine rechtzeitige Rückkehr begaben wir uns kurz nach dem Mittag talwärts um unsere lohnenswerte Hüttentour Revue passieren zu lassen. Niemand hatte seine Teilnahme bereut, denn alle waren trotz Nichthochtour dank Gelassenheit, Humor, Freude und Lachen glücklich und zufrieden.

Dem Optimisten und Lokalmatador Silvan unser herzliches Dankeschön für die super Organisation.

 

Mit dabei: Louis Sikkema, Tobias Brunner, Alexandra Breu, Mischa Kohler, Meral Mäder, Silvan Ebneter, Martin Sieber, Gregor Metzger

 

(Bericht von Gregor Metzger)