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Durch die Silvretta

2015-08-24

Montag 24. August  Monbiel – Fergenhütte

Ein tropischer Wind bläst uns entgegen, als wir in Klosters Monbiel das Postauto verlassen. Über den Silvrettabergen im Süden haben sich die Wolken zu einer dichten Föhnmauer aufgebaut aber über uns scheint die Sonne noch heiss während des ganzen Aufstiegs zum Fergenhüttli. Die Hütte scheint noch genau so auszusehen, wie ich sie vor über fünfzig Jahren angetroffen habe. Doch im Schränkchen wartet kühles Bier und der kleine Holzherd wird bald angenehm warm. Schon bald zaubert unser Leiter Kurt eine wundervolle Spaghettata auf den Tisch, so reichlich, dass wir ihr nicht zu Leibe rücken mögen. Darüber ist auch die Gruppe froh, die kurz vor dem Eindunkeln aus dem inzwischen eingesetzten Regen auftaucht, mit vier ziemlich erschöpften Kindern. Das Hüttlein wirkt nun für fast zwanzig Personen doch ziemlich eng, doch die dreistöckigen Pritschen bis unters Dach reichen gerade aus.

 

Dienstag 25. August  Fergenhütte – Saarbrückner Hütte

Die Temperatur ist seit gestern Mittag um gegen zwanzig Grad gefallen und ein wattiger Nebel hüllt die Landschaft um die Hütte ein, ganz feiner Nieselregen tropft daraus. Der Weg hinauf zur Fergenfurgga steigt steil durch nasses Gras und feuchte Blöcke, ohne etwas von der Umgebung zu enthüllen. Auf dem ersten Pass ist es etwas heller, doch nur um den Weiterweg hinunter durch die Blockfelder zu erkennen, aber keine Gipfel. Gut 200 Höhenmeter geht es hinunter ins Schlappintal und dann wieder gleich viele hoch auf die felsige Schijenfurgga. Abschüssig taucht der Weg auf der andern Seite bis ganz in den hinteren Talgrund des Seetals. Der schmale Weg durch steile Geröllfelder und Grashängen erfordert höchste Aufmerksamkeit und auf den feuchten Flechten oder den rutschigen Balken eines schlechten Brückleins kommt es mehrmals zu spektakulären Stürzen, die aber glücklicherweise ausser kleinen Schürfungen keine Schäden hinterlassen.

Zum dritten Mal geht es wieder hoch, am trüben Schottensee und Resten einer Gletschers vorbei auf die Seelücke, mit 2770 der höchste Übergang des heutigen Tages und zugleich die Grenze zu Österreich. Die Sonne hat immer wieder mit dem Gewölk gekämpft und durch kleine, fast blaue Löcher zu scheinen versucht, aber auf dem Abstieg sehen wir wieder nichts mehr von der Umgebung und stehen fast überrascht plötzlich vor der Hütte. Wobei Hütte darf man diese grossen Alpenvereinshäuser ja fast nicht nennen. Doch wir geniessen es, in der geräumigen, getäferten Gaststube mit österreichischer Gastfreundschaft verwöhnt zu werden.

 

Mittwoch 26. August  Saarbrückner Hütte – Wiesbadnerhütte

Schon am Vorabend hat es aufgeklart und der Morgen erwacht kalt, aber strahlend und wolkenlos. Über einen Blockgletscher geht es hoch auf den Litznersattel am Fuss des Grosslitzners. Hier weitet sich der Blick erstmals so richtig in die Gletscherwelt der Silvretta. Auch wenn sie stark ausgeapert sind und vermutlich viel kleiner als noch vor Jahren sind die grossen Eisfelder doch sehr eindrücklich, und das auf einer Höhe um die 3000 m. Durch das  malerische Verhupftälchen mit verschiedenen Geländestufen, die immer neue Landschaftsbilder kreieren gelangen wir ins Klostertal, wieder auf der Kuhalpenstufe., Am Ende des Silvrettasees sind wir eindeutig in der Tourismuszone angekommen. Auch wenn wir uns bald vom überlaufenen Rundweg um den See abwenden ist doch auch das stetig steigende Bergsträsschen dem ungestüm rauschenden Bach entlang hinauf zur Wiesbadener Hütte und in den Gletscherkessel um den Piz Buin ein starker Anziehungspunkt für Touristen. Doch bei der speditiven und äusserst freundlichen Bedienung in der Hütte geniessen wir unsere kühlen Biere in der herrlichen Spätsommersonne gerne auch zusammen mit den vielen andern Besuchern dieser fantastischen Bergwelt.

 

Donnerstag 27. August  Wiesbadnerhütte – Jamtalhütte

Erneut erwacht der Tag klar und strahlend. Der Grossteil der Alpinisten, die in der Hütte übernachtet haben ist unterwegs mit Seil und Pickel zu den Gipfeln über den Gletschern. Wir wenden uns nach Westen zum Radsattel, unserem ersten Übergang heute, mit seinen 2652 m noch im wenig anspruchsvollen, grünen Gelände. Der Abstieg führt in das offene, einladende Bielertal und um eine Felsbastion herum wieder mehr in die Höhe. Vom Madlenerferner ist zwar kaum mehr zu sehen als ab und zu eine sandige Eisfläche, aber unter der immer steiler werdenden Blockmoräne ist das Eis noch spürbar. Wie lange wohl noch? Trotz unserem sehr gemessenen Tempo überholen wir im Aufstieg zur felsigen Gletscherscharte zwei jüngere, wohlgenährte Ladies. Jung ist ja bekanntlich jede/r die etwas weniger Jahre auf dem Buckel hat als man selber, und das ist bei Senioren noch bald einmal der Fall. Während der ausgedehnten Rast auf dem höchsten Punkt unserer Tagesetappe treffen auch die zwei Frauen ein, und als wir uns zum Weitermarsch bereit machen, bitten sie darum sich uns „offensichtlich erfahrenen Berggängern“ anschliessen zu dürfen. Der Weg auf der andern Seite der Scharte ist dann zwar nicht schwierig zu finden, doch als schmales, abschüssiges Weglein in einer sehr steilen Geröllhalde mit etlichen felsigen Steilstufen doch recht anspruchsvoll. Tabea jedenfalls, eine unserer neuen Bekannten, ist jedenfalls heilfroh, dass sich Paul so einfühlsam um sie kümmert. Um sich vom erschreckenden Blick in die Tiefe abzulenken erzählt sie ihm ihre halbe Lebensgeschichte und als wir endlich im etwas flacheren Gelände ankommen und etwas rasten, wäre sie ihm offensichtlich aus Dankbarkeit am liebsten um den Hals gefallen. Doch auch wir sind froh, als wir nach dem langen Abstieg in der Jamtalhütte unsere stark beanspruchten Knie und Oberschenkel entlasten können. Die beiden Frauen, die in der Hütte noch von zwei Freundinnen erwartet wurden, zeigten sich dann am Abend in gemütlicher Runde nochmals erkenntlich – Dank wird auch in flüssiger Form entgegegenommen! – und fröhlich (auch Dölf Fröhlich, der sonst immer eher früh zu Bett geht) sitzen wir  zusammen bis Lichterlöschen.

 

Freitag 28. August  Jamtalhütte - Heidelbergerhütte

Der klare Bergmorgen ist jeden Tag neu wieder ein Aufsteller. Die Luft frisch und kühl, erste Sonnenstrahlen auf den obersten Bergspitzen, wie Vergoldungen. Der heutige Weg zieht sich ein flaches Alptal hoch gegen das Kronenjoch. Nach einer Stunde verlässt uns Rosmarie. Sie muss am Samstag zuhause sein und geht nun nach rechts über den Pass Futschöl direkt nach Ardez. Immer wieder mal taucht – vor allem bei Paul – der Gedanke an Tabea und ihre Kolleginnen auf, die später auch diesen Weg gehen werden. Sie haben sich für so wenig erfahrene und nicht sonderlich gut trainierte Alpinistinnen ein ambitioniertes Programm zusammengestellt. Wir steigen gerade hoch auf das Kronenjoch, überqueren wieder die Schweizer Grenze und erreichen nach einer flachen Senke mit einem kurzen Aufstieg die breite Krone, der erste eigentliche Gipfel auf der Tour und zum erstenmal über 3‘000 m. Die Aussicht ist grossartig, vom Grossvenediger über die Adamellogruppe bis zum Berninamassiv und weiter zu Kesch und Ela liegt ein fantastisches Panorama vor uns. Und weit ins Tal hinaus sehen wir den Weg scheinbar flach bis zur entfernten Heidelberger Hütte. Obwohl das Wasser nach Ischgl im Tirol fliesst und das Tal auch von dort erschlossen ist gehört der grosse obere Teil zur Schweiz. Und als wir nach dem lange sich hinziehenden Abstieg die Hütte erreichen, erwartet uns zwar eine Schweizer Fahne, aber ein absolut österreichisches Ambiente mit der entsprechenden herzlichen Gastfreundschaft. Etwas kleiner als die grossen Häuser an den drei Abenden zuvor hat auch diese Hütte eher den Charakter einer alpinen Pension und gerne lassen wir uns ein letztes Mal verwöhnen.

 

Samstag 29. August  Heidelbergerhütte – Vnà

Die Strecke das Fembatal hinauf oder wie es im schweizerischen Teil heisst Val Fenga bis zu unserer Hütte und dann weiter über den Cuolmen d‘ Fenga oder Fimberpass scheint ein Biker-Highlight zu sein. Fast alle mit uns in der Hütte übernachtenden Gäste waren Biker und am Morgen stossen sie ihre Fahrräder den Weg hinauf, den wir zu Fuss gehen oder sie versuchen auf flacheren Teilstücken zu fahren. Schon im Aufstieg beneiden wir die Velokollegen nicht, doch fast noch weniger in den teilweise abschüssigen oder schmal an steilen Flanken entlangführenden Weglein der andern Seite. Einen Sturz in diese schroffen Geröllfelder stellt man sich lieber nicht allzu plastisch vor. Zu Fuss ist der Abstieg vom Pass in das tief unten mit grünen Heuwiesen und Lärchenwäldern grüssende Tal auf der Engadinerseite allerdings problemlos, auch wenn er sich wieder lange hinzieht und unterhalb der Waldgrenze sich plötzlich der Hitzesommer 2015 deutlich bemerkbar macht. Um wenige Minuten verpassen wir in Vnà das Postauto zurück nach Schuls, doch die dadurch erreichte zweistündige Rast im hübschen Engadinerdorf und auf der Terrasse eines bewundernswürdig stilsicher umgebauten Restaurants ist ein genussvoller und würdiger Abschluss unserer Tourenwoche.

TeilnehmerInnen: Kurt Rohner (Leitung), Elsbeth Döpke, Dölf Fröhlich, Myrta Gut, Angela und Paul Hofmann, Sepp Rüegg, Hansruedi Rutz, Pia Schönenberger, Rosmarie Stillhart

Text: Hansruedi Rutz 

Bilder: Angela Hofmann und Sepp Rüegg