2015-07-04
Samstag, 4. Juli
Nachdem uns im Toggenburg die Hitzewelle bereits eine Woche in Atem gehalten hatte, machten wir uns auf, Savognin einen einwöchigen Besuch abzustatten. Schon das Packen verlief anders als normalerweise. Die Wetteraussichten waren eigentlich die ganze Woche ähnlich: Ganze Schweiz heiss mit geringer Gewitterneigung. So blieben Pullover, Jacken, Mäntel, Winterhosen, Kappen, Handschuhe und Strumpfhosen grösstenteils zu Hause. Erstaunlich, was mit fast lauter Sommersachen so alles im Koffer Platz hat! Sogar die Wanderschuhe konnten darin verstaut werden! Gott sei Dank! Die lange Anreise im Zug gestaltete sich viel gemütlicher mit Sandalen.
Vor dem Mittag trafen wir bereits beim Hotel Mitgel ein, ein gemütliches, altehrwürdiges Hotel mit den freundlichen Gastgebern Regina und Seppi Waldegg.
Nach einem frischen Salat machten wir uns auf die Eroberung des umliegenden Gebietes. Zuerst ging’s dem Fluss Julia entlang bis Tinizong, dann aufwärts durch den Wald nach Reszgia bis zum Forsthaus. Unsere Leiterin Ida Binkert überraschte uns dort mit einem feinen Zvieriplättli, das der Hotelier organisiert hatte. Viel Interessantes erfuhren wir von ihm über Savognin und Umgebung. Der bekannten Kirche St. Martin statteten wir auch einen Besuch ab. Seppi zeigte dort seine Kenntnis in Kirchengeschichte und überzeugte uns grad selber mit seiner Stimme von der guten Akkustik.
Sonntag, 5. Juli
Mit dem Postauto fuhren wir nach Mon. Doch ein Fünfergrüppchen wollte es heute schon wissen und stieg erst in Stierva aus. Der Rückweg nach Savognin führte ansteigend durch Wald und Felder in der Hitze auf dem aussichtsreichen Höhenweg weiter. Zum Glück gab es genügend Brunnen zum Wasserfassen. Genug Wasser und Dreck erwischte Ida, als der Stein unter ihrem linken Fuss kippte. Bei Sylvia (bekannt aus der Landfrauenküche) gab es in Parsonz durch die Vermittlung von Beni Kaffee, Birnbrot und Bündner Nusstorte.
Kaum zu Hause (äh, im Hotel) angekommen, tummelte sich eine Schar von Toggenburgern zum Abkühlen im hauseigenen Bädli.
Immer vor dem Nachtessen besammelten wir uns zum Apéro im Freien. Da es nach Regen ausschaute, dislozierten wir dazu ins Innere. Einige schnappten sich noch einen Gartenstuhl. Während Ida den Tag Revue passieren liess, fand sich Bruno plötzlich auf dem Boden wieder. Trudi tauschte mit ihm den Stuhl.
„Muesch halt ruhig hocke und nöd so umegagele“. Schwups landete auch sie auf dem Boden, denn der Stuhl hatte alle Viere von sich gestreckt.
Weil am andern Tag die Tour zum Marmorerasee anstand, erzählte uns der Hotelier viel Wissenswertes darüber: Die Stadt Zürich wollte einen Stausee bauen, um genug Elektrizität zu erhalten. Weil aus Marmorera viele Leute ausgewandert waren, glaubte man, hier am besten zu reüssieren. Wirklich liessen sich die übrig gebliebenen Leute von Marmorera überzeugen, das Dorf aufzugeben. Alles wurde gesprengt, ein Damm gebaut und auf drei Stufen (Sils, Solis und Marmorera) Strom erzeugt.
Montag, 6. Juli
Bis zum Staudamm des Marmorerasees transportierte uns das Postauto. Beim Lösen des Gruppenbilletts erlebte die Führungscrew eine erste Enttäuschung: Die viel gepriesene Ela- Karte war für Gruppen ungültig. Also reisen wir von jetzt an halt als Einzel – Touristen. Zuerst erklommen wir dann die erforderlichen Höhenmeter, um wieder auf einem herrlichen Höhenweg die Aussicht aufs Tal und die gegenüberliegenden Berge zu geniessen. Dabei staunten wir über die zahlreichen, dunkelblauen Alpenakelei. Im Rucksack schaukelte das mitgebrachte Picknick gemütlich hin und her, auf und ab. Ja und dann eben schon wieder eine positive Überraschung: Auf der Alp Pra Miez hütet Otto Vieh aus Brunnadern. In der gemütlichen Alphütte gab’s ausser dem obligaten Kaffee auch noch Wurst und Brot, danach Birnbrot und Früchtebrot. Was Ida, Ruth, Evi und Silvio mit ihrem Charme beim Rekognoszieren alles zustande gebracht hatten! Und unser mitgeschlepptes Picknick war somit überflüssig geworden.
Viel zu früh erreichten wir, wahrscheinlich durch die Stärkung angetrieben, den Abfahrtsort Bivio.
Dienstag, 7. Juli
Habt ihr schon einmal Hunderte, oder sogar Tausende von Feuerlilien auf einmal gesehen? Die heutige Wanderung versprach es. Von Rona aus wanderten wir durch das Val d’Err, zuerst durch den Märliwald. Beni konnte sich nicht satt sehen an dem geheimnisvollen, mystischen Wald. In vielen Wurzelgebilden entdeckte er zahlreiche Tiere und sein Fotoapparat lief heiss.
Bis zum Mittagshalt sahen wir zwar viele Alpenblumen, aber nach den versprochenen Feuerlilien spähten wir vergebens. Aber dann trauten wir unseren Augen kaum: Feuerlilien soweit das Auge reicht! Oberhalb und unterhalb des Weges konnten wir sie entdecken. Dazwischen blühten fast meterhohe dunkelblaue Alpenscharten, die wie Kugeldisteln aussahen. Wie im Traum ging es dann heimwärts, die einen wurden von der Chefin abgeholt, andere wanderten bis Tinizong und der Rest schaffte es bis Savognin. Wieder war ein ereignisreicher Tag zu Ende gegangen.
Mittwoch, 8. Juli
Eigentlich hätte heute das Frühstück auf der Alp stattfinden sollen mit einer anschliessenden Wanderung rund um die Bergbahnen. Doch der Wetterbericht prophezeite Regen. Also modelte unsere Leitung kurzerhand alles um und erfand einen neuen Tagesablauf. Das Posti brachte uns nach Tiefencastel. Zum ersten Mal konnte auch ich an einer Wanderung mit der Gruppe teilnehmen. Bis jetzt weigerte sich mein Knie standhaft, die Abwärtshöhenmeter in Angriff zu nehmen. Von Tiefencastel aus wanderten wir dem Fluss Albula entlang nach Alvaneu. Jetzt trennten sich die Gruppen wieder. Die einen wanderten weiter bis nach Filisur und die zweite Gruppe wollte zurück nach Tiefencastel. Der angekündigte Regen kam schon etwas früher als angesagt, doch die SACler sind ja stets gut gerüstet mit Regenutensilien. Und ein bisschen Regen schadet ja niemandem! Ein Trio wollte grad richtig nass werden. Im Bad Alvaneu planschten die drei gemütlich im 34 Grad warmen Wasser. Schliesslich trafen wir uns wieder im Hotel, wo sich Marty und Walter Brunner schon am Mittag eingefunden hatten. Schade, wir hätten gerne ein bisschen länger mit ihnen geplaudert. Aber eben, während einer Wanderwoche ist das Hotel halt von uns nur am Abend bewohnt.
Heute gab es ein frühes Nachtessen, da sich die meisten für die Aufführung „L’arca“ angemeldet hatten, eine neue Komödie über die Sintflut. Vier Schauspieler stellten die Geschichte von Noahs Arche etwas anders dar. In den vier Landessprachen ging es auf der Bühne rassig zu und her. Mit viel Musik, Spass und Pointen wurde der Sintflut – Mythos liebevoll auf die Schippe genommen. So ernteten Gott, Noah, Jafette und Og einen tosenden Applaus.
Donnerstag, 9. Juli
Auf zur Königsetappe! Eine Station vor dem Julierpass, in „La Veduta“ stiegen wir aus dem Postauto und machten uns gleich auf durch das Val d’Agnel, am Anfang Richtung Jenatschhütte. Auf der Fuorcla digl Leget erreichten wir die höchste Höhe dieser Woche: 2715 Meter. Eine Unzahl von Blumen begleitete uns auf dieser Tour, von den frühen Soldanellen bis hin zu den grossen Enzianen. So viele farbige Steine in allen Variationen hatten wirauch noch nie gesehen. Wir trafen auch noch viele Schneefelder an, die wir mehr oder weniger elegant meisterten. Nach dem Sattel hörten wir plötzlich Rufe: Toggenburg, Evi, Verena... Beim Näherkommen entdeckten wir das SAC Mitglied Erika Meier mit Familie. Sie sassen an einem wunderbaren See mit einem (Schnee)ungeheuer.
Beim happigen Abstieg über ein Geröllfeld gaben sich alle Mühe, sehr vorsichtig aufzutreten. Dann wurde es wieder flacher. Hier entdeckten wir viele Murmeli. Nach nochmaligem Abstieg über den Kanonensattel erreichten wir Tigias auf der Alp Flix. Von hier aus konnten wir dann die Rückreise mit dem Bus antreten.
Das Nachtessen strotzte jeden Abend nur so von Leckerbissen. Heute aber hatte sich die Küchencrew wieder besonders Mühe gegeben und überraschte uns mit einem warmen Buffet und zum Abschluss noch einem reichhaltigen Dessertbuffet.
Freitag, 10. Juli
Dem Hotelier lag viel daran, das versprochene Frühstück auf der Alp Tarvisch doch noch durchführen zu können. Kurzer Kaffee um halb sieben, dann in zwei Gruppen abfahr- und abmarschbereit vor dem Hotel. Alle mussten ungefähr die Hälfte zu Fuss und den Rest mit dem Auto zurücklegen. Auf der idyllischen Alp angekommen, machten wir noch einen kleinen Fussmarsch und konnten so die Umgebung in allen Himmelsrichtungen bestaunen. Unser Hausherr Seppi erzählte dabei so viel Interessantes, dass unser Hunger immer grösser wurde.
Und dann das tolle Frühstück! Alles ausser der Milch wurde zuvor auf die Alp geschleppt (allerdings mit dem Auto), dass keiner unserer kulinarischen Wünsche offen blieb. Bei dieser Aussicht war es schlicht unmöglich, dem verlockenden Angebot zu widerstehen.
Wieder in zwei Gruppen erreichten wir Tigignas, die Mittelstation der Bergbahnen. Wir liessen uns von der Gondelbahn nach Somtgant transportieren. Hier trennten sich unsere Wege.
Helen und Ida übernahmen die Gruppe, die über Radons teilweise bis nach Savognin zurückkehrte.
Unsere vielen Blumenbegeisterten liessen es sich nicht nehmen, den Blumenweg bis Mot Laritg zu geniessen.
Und schon war der letzte Abend angebrochen. Annemarie und Bruno hatten noch einen reichhaltigen Apéro spendiert und unsere langjährige Teilnehmerin Ruth Bucher besuchte uns. Wir liessen die Tourenwoche nochmals vor dem geistigen Auge vorbeigehen. Die Leitung, aber auch die Teilnehmer dürfen stolz sein auf diese 7 Tage.
Samstag, 11. Juli
Packen war angesagt. Wie viel schneller doch die Koffer eingepackt werden als beim Start vor einer Woche: Einfach alles „hineinschmeissen“, was herumliegt. Ordnung machen können wir zu Hause wieder!
Schon am Donnerstagabend hatten wir unseren 4 Leiterinnen Ida Binkert, Evi Hehli, Ruth Jenni und Helen Honegger mit vielen lobenden Worten und einem kleinen Andenken aus Savognin Danke gesagt. Sie haben es wieder geschafft, eine volle Woche ein Programm zu bieten, das es in sich hatte. Dafür möchten wir allen ein herzliches Merci mitgeben.
Nächstes Jahr im September reisen wir ins Ausland, in die Steiermark. Fast alle haben schon zugesagt. Wir freuen uns jetzt schon!
Text: Agnes Heuberger
Fotos: Eva Hehli, Sofia Graf, Verena Roth, Beni Bachmann