2015-05-12
Pilgern heisse aufbrechen und einkehren und so beginnt unsere Wanderung mit einem Einkehrhalt in der St. Katharina – Kapelle in Fischingen. Wir werden von Walter Hehli verköstigt, wie es sich beim Pilgern gehört mit geistiger Nahrung: Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang ... Schweige und höre (Benedikt von Nursia) ... Das Pilgerlied „Laudate omnes gentes “, das wir zweimal singen, klingt in der Kapelle wunderbar.
Wir setzen uns schweigend in Bewegung. Es geht 550 Meter bergaufwärts, manchmal gemächlich, dann wieder recht steil. Was es alles im Schweigen zu hören gibt: das Gezwitscher, Pfeifen und Rascheln der Vögel; das Gemurmel, Gurgeln, Geplätscher des Wassers, Hundegebell, das Gebimmel von Kuhglocken und immer wieder das Rattern, Brummen, Aufheulen von Autos und Traktoren und punkt Schlag elf Kirchenglocken, dies, obwohl wir uns mitten im Wald befinden. Auch die Augen kommen nicht zu kurz: im Wald vielfältiges Grün mit gelben, weissen, violetten, blauen Punkten und als wir aus dem Wald treten gelbe Teppiche. (Erstaunlich, wie ein alltäglicher Hahnenfuss für eine Pracht entfalten kann!)
Dass wir uns auf einem alten Pilgerweg befinden, bezeugen Inschriften wie „Gasthaus z. Kreutz auf Allenwinden“, „Pilgerkäserei“.
Kurz vor dem Hörnli kommen wir zum Dreiländerstein: Es sind die drei Kantone Thurgau, St.Gallen und Zürich, die hier zusammentreffen. Hier wird der Schwabenweg zum Pilgerweg.
Noch ein letzter steiler Aufstieg. Wir erreichen das Hörnli und sind vom Ausblick überwältigt: Säntis, Churfirsten, Tödi, Rigi, Pilatus, Mythen, rechts davon die Haggenegg, der höchste Punkt des Pilgerweges. Walter erinnert uns an die zwei Jubiläen, die ihn veranlassten, die Pilgerwanderungen durchzuführen, an den Feuertod von Johannes Hus vor 600 und den Beginn der Reformation vor 500 Jahren.
Dann aber lassen wir uns in der Wiese oder auf Bänken und Baumstämmen nieder und geniessen unser Picknick, das Panorama und die Wärme (28 Grad war angesagt – wegen eines leichten Windes eine sehr angenehme Temperatur). Nach dem Kaffee geht’s dann Steg zu (ein Abstieg von 480 Metern).
Herzlichen Dank, Walter, für die schöne Wanderung, die geistige Wegzehrung und das „Schweige und höre“. Wir genossen es in vollen Zügen.
Text: Catherine Lieberherr
Fotos: Martin Wirz