2015-01-10
Wer es erlebt hat, vergisst es nie wieder: Sekundenbruchteile, bevor‘s losgeht, ist die Gefahr förmlich riechbar – zu spät, mit einem durch Mark und Bein dringenden Knall setzt sich plötzlich der ganze Hang in Bewegung. Dann lähmende Stille. Verschwindepunkt beobachtet? Oberfläche absuchen? Barryvox? Oder doch zuerst die Rega? Wie geht das alles schon wieder? Wer jetzt da unten liegt, hat nur noch eine Chance, wenn die da oben die aufsteigende Panik bekämpfen und wissen, was sie tun sollen. Können sie’s auch? Genau deshalb gibt es zu Beginn der Saison den Aus- und Weiterbildungskurs Skitouren, den Hanspeter Kalt mit seinen Gruppenleitern Reini Wick, Thomas Jenni, Raphael Kalt und Florian Kalt mit grossem Engagement durchgeführt hat. 37 Sektionsangehörige sind dem Aufruf gefolgt und haben Barryvox-Suche, Sondieren, Bergen, Reanimation, Geländebeurteilung, GRM in kleinen Gruppen praktisch geübt. Die von Hanspeter und Reini am Vortag in Sturm und strömendem Regen geschickt festgelegten Übungsplätze erlaubten trotz prekärer Schneelage realistisches Trainieren. Die neue Suchanlage mit zehn fest installierten Sendern bewährte sich hervorragend. Beeindruckend, dass mit Daniel Forrer gleich der zuständige Entwickler des Barryvox die Übung leitete und geduldig Frage um Frage beantwortete, oder wie gegen Abend auch Profi Peter Diener ein Training absolvierte. Trainieren, um schnell zu sein, wenn es schnell gehen muss. Wer wollte, konnte am Ende des Tages von Daniel kostenlos die aktuelle Version 4.0 der Barryvox-Software beziehen und sich so sogar den Gang ins Sportgeschäft ersparen. Bei frühlingshaft unheimlich-hohen Temperaturen unter oft strahlender Sonne verging nicht nur der Schnee, sondern auch die Zeit im Flug. Wer sich metertief in die Schneedecke gräbt, wünscht sich: Da unten möchte ich nie liegen! Also besser durch sorgfältige Tourenplanung das Risiko, in eine Lawine zu geraten, möglichst klein halten: Beurteilung der Lawinensituation, GRM, Berücksichtigung des menschlichen Faktors, Check the risk! und vieles mehr - die Themen sind unerschöpflich. Aus Tourenplanung kann als Ergebnis auch Verzicht resultieren: Hanspeter musste die für Sonntag geplante Ausbildungstour aufgrund der ungünstigen Schneeverhältnisse, der stürmischen Winde und der miserablen Wetterprognose absagen. Als würde sich die Natur dafür entschuldigen, schenkte sie zum Ausklang ein wunderbares, nicht häufiges Farbenspiel durch irisierende Wolken über den Churfirsten. Es ist dies ein Phänomen, hervorgerufen durch Lichtbrechung an dünnen Eiskristallen unterschiedlicher Grösse bei flachem Einfallswinkel der Sonnenstrahlen.
Auch wenn jeder Lawinentote einer zu viel ist: Angesichts der grossen Zahl von Skitouristen, Freeridern oder Schneeschuhläuferinnen, die Tag für Tag in den Bergen unterwegs sind, kann man von einem Restrisiko sprechen, das wie in vielen andern Lebensbereichen auch in Kauf genommen werden muss und verantwortet werden darf. Mit Kursen wie diesem, mit dem Bau von Trainingsanlagen, mit geführten Sektionstouren sorgen selbstlose Enthusiasten wie ihr dafür, dass dieses Restrisiko so klein wie möglich bleibt. Im Namen aller Teilnehmenden sei euch an dieser Stelle ganz herzlich gedankt dafür. Auf eine schöne, unfallfreie Tourensaison!
Text u. Foto: Walter B.