2014-08-31
Sonntag, 31. August
Irgendwie hatten wir alle genug von diesem Sommer, der seinen Namen überhaupt nicht verdient hatte. Deshalb freuten wir uns über die Vorprognosen für diese Woche: Im Süden sahen die Meteobilder recht passabel aus. Also nichts wie los, in den Zug einsteigen Richtung Wallis! Das schien ja alles perfekt aufzugehen. Elisabeth und Köbi Künzle, die in diesem Jahr die Hauptleitung der Wanderwoche übernommen hatten, waren bereits in Brig und hatten für die kommenden Stunden alles vorbereitet. Doch es kommt nicht alles wie man will. Vor Bern blieb unser Zug einfach stehen. Der vorfahrende Zug hatte ein technisches Problem und versperrte uns die Weiterfahrt. Mit über einer halben Stunde Verspätung trafen wir dann doch noch im Wallis ein. Schon war alles umprogrammiert, Handy sei Dank! Nach einem feinen Spaghetti - Essen fuhren wir nach Ausserberg und wanderten gemütlich auf dem Kulturweg abwärts nach Raron. Schade, dass der kleine Weinberg mit 12 verschiedenen Traubensorten nicht offen war. So ein paar saftige Trauben hätten unseren ausgetrockneten Kehlen sicher gut getan. In Raron bestaunten wir die beiden Kirchen: Die Burgkirche mit dem Grab von Rainer Maria Rilke und die moderne Felsenkirche. Auf dem Riesenfelsen thront die Burgkirche, die dort oben, geschützt vor den Naturgewalten in den Jahren 1512 - 1518 erbaut wurde. Ein uraltes Bild zeigte uns einen Einblick in Himmel und Hölle. Der Maler hatte dabei seine Phantasie recht walten lassen. Genau darunter wurde später die Felsenkirche in den Fels gehauen, ebenfalls sehr speziell.
Montag, 1. September
Was war denn nur heute Morgen los? Obwohl alle Natels für heute Sonne pur angekündigt hatten, empfing uns der Morgen mit Regen. Ja nu, mit dem Zug ging’s trotzdem wieder in die gleiche Richtung wie gestern: Diesmal stiegen wir in Hohtenn aus und begaben uns auf die Lötschberg Südrampe. In leichtem Auf und Ab, auf wunderschönen Waldweglein, vorbei am Kräuterbeizlein, über den Bietschtalviadukt, durch dunkle Tunnels
und vorbei an gurgelnden eindrücklichen Suonen, einem ausgeklügelten Bewässerungssystem,
ohne das das Leben und die Landwirtschaft in diesem Tal keine Chance hätte. Auf einem steileren Abstieg in der steinigen Sonnenhalde erreichten wir schliesslich die Station Eggerberg, wo wir wieder den Zug bestiegen. Allerdings war dies nur möglich, weil Elisabeth den Billettautomaten im Griff hatte und mit einem Spezialspurt durch die Unterführung aufs richtige Perron raste. Unterwegs kamen endlich auch unsere zwei neugierigen Teilnehmerinnen voll auf ihre Rechnung. Sie hatten Elisabeth fast durchlöchert und wollten wissen, wo denn genau ihr Sohn mit seiner Familie wohnt.
Beim Nachtessen ergaben sich immer wieder interessante Gespräche. Wer hätte gedacht, dass man, wie Trudi, nach einem fürchterlichen Pestfilm den Fernseher auch mit einem Besenstiel abstellen konnte, damit man sich ja nicht ansteckte.
Am Abend um 8 Uhr trafen wir uns nochmals im Aperozimmer: Eine Überraschung war angekündigt. Ein Clown hatte sich angemeldet und wollte unbedingt in den SAC aufgenommen werden. Er gab sich alle Mühe, die strengen Bedingungen zu erfüllen. Wir hielten uns die Bäuche vor lauter Lachen und hofften nur, dass das Nachtessen diese Strapazen schadlos überstand. Vielen Dank, Catherine, wir durften dich heute von einer andern Seite kennenlernen. Es war wirklich supertoll!
Dienstag, 2. September
Das Postauto brachte uns nach Blatten, wo wir uns auf den Massaweg machten. Mit einer Zusatzschleife erreichten wir den Stausee Gibidum. Eine Treppe mit 300 Stufen führte zum Staudamm hinunter. So überquerten wir auf der Staudammmauer die Massaschlucht. Nun wieder 50 Stufen hinauf und ein steiles Stück abwärts, bis wir unten den Massaschluchtweg erreichten. Hart an der Felswand wurde dieser Weg gebaut, praktisch alles mit einem Seil gesichert.
So war es für die nicht Schwindelfreien ein Leichtes, ohne in den Abgrund zu blicken, den Mittagsplatz zu erreichen. Vielleicht geriet dafür der Kopf leicht in Schieflage. Bei herrlicher Aussicht auf Brig und die vielen imposanten Berge genossen wir das Picknick, samt anschliessendem „Canärlen“. Der Weg führte nachher fast ohne Höhenunterschiede nach Ried – Mörel, wo wir genau um 14.00 Uhr eintrafen. Diese Zeit war jeden Tag ein Fixpunkt für Peter, da er dann immer von Heimweh geplagt wurde. Mit Gondelbahn und Zug kehrten wir nach Brig zurück.
Vor dem Nachtessen durften wir noch eine Fahrt mit dem „Kleinen Simplonexpress“ erleben. Ein originelles Züglein fuhr mit uns durch die Strassen von Brig und Naters. Dabei erfuhren wir viel Wissenswertes über diese Gegend.
Mittwoch, 3. September
Schon die ganze Woche war der heutige Tag Gesprächsstoff, denn die 124 m lange Hängebrücke am Ende des Aletschgletschers war für unsere vier Angsthasen doch fast eine Nummer zu gross. Peter löste dieses Problem galant und zog seinen freien Tag ein, Rösli und ich machten eine Genusstour von der Moosfluh zur Riederfurka und genossen dabei die Sicht auf den Aletschgletscher. Darüber freute sich auch Elsbeth, die nach einer Haluxoperation meist ganz allein eine einfachere Wanderung unternahm. Schön, dass du trotzdem mitgekommen bist!
Und die vierte Person? Sie nahm ihr Herz in beide Hände und wollte auch diese Prüfung überstehen. So fuhr denn die Hauptgruppe bis zur Belalp. Wie von der Hängebrücke magisch angezogen, marschierten alle zügig, aber trotzdem sehr sorgfältig, konzentriert und diszipliniert den Abhang hinunter. Die Schwierigkeiten des Geländes meisterten alle mit Bravour. Nach 2 ½ h erreichte man die berühmte Hängebrücke
und niemand hatte es bereut, diese Wanderung mitgemacht zu haben. Der Grünsee lud ein, nein nicht zum Baden, dafür hätte die Zeit nicht gereicht, aber zum genüsslichen Verweilen, bevor dann der steile Aufstieg durch den Aletsch(ur)wald zur Riederfurka an die Reihe kam.
Donnerstag, 4. September
Heute ging’s auf die andere Talseite. Nach einer spektakulären Postautofahrt von Visp auf die Moosalp wanderten wir sogleich Richtung Lägern weiter. Zum Einlaufen war ein moderater Aufstieg vorgesehen. Nach dem Znünipäuseli wanderten wir abwärts bis zum Bach.
Ausgerechnet beim Aufwärtswandern auf die Wolfstola brannte die Sonne auf den Hang. Aber das angenehme, regelmässige Tempo erleichterte uns allen den Aufstieg. So konnten wir auf dem höchsten Punkt unser Picknick geniessen.
Der Abstieg war vielerorts mit Tauen gesichert, da der Abhang links neben dem Wanderweg doch recht steil in die Tiefe abfiel. So erreichten wir ein wunderschön angelegtes Plätzchen mit Weiher im Dorf Jungen. Ja, wir „Alten“ trafen in Jungen ein. Doch leider schien jeder Teilnehmer bei der Talfahrt mit der kleinen Viererseilbahn noch gleich alt oder jung zu sein. Catherine und Ruth machten die 900 Höhenmeter nach St. Niklaus sogar noch zu Fuss.
Von heute an spielten wir „10 kleine Negerlein“. Immer wieder verabschiedete sich eine Teilnehmerin, da noch andere Verpflichtungen auf sie warteten. Ihr wisst ja: Senioren haben nie Zeit!
Freitag, 5. September
Für heute wechselte die Wetterprognose fast stündlich. Am Abend vorher waren Gewitter auf den Abend angesagt, am Morgen war es schon für 14 Uhr, und schlussendlich regnete es bereits im Postauto nach Visperterminen. Aber das alles kann ja einen SACler nicht erschüttern. So stülpten wir alle schnell die Regenutensilien über und setzten uns auf die Sesselbahn. Diese brachte uns nach Giw. Sofort machten wir uns auf den Weg Richtung Gebidumsee. Den Weg über den höchsten Punkt sparten wir uns, denn von Fernsicht war eh keine Rede. Zwischenhinein wollte Petrus immer wieder wissen, ob wir wirklich alle den Regenschutz mitgenommen hatten. Also: Regenschirm auf – zu – auf – zu - ......
Regenschutz montieren, wieder versorgen,.....Pelerine über den Rucksack, wieder zusammenrollen..... Uns wurde fast schwindlig. Aber der guten Laune tat dies absolut keinen Abbruch. Frisch fröhlich erreichten wir schliesslich Gspon und liessen uns von den Seilbahnen nach Stalden transportieren.
Nun zeigten sich auch die Sonnenstrahlen, die uns zurück nach Brig begleiteten.
Das Nachtessen im Hotel „Good night Inn“ war schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Noch nie hatten wir in einem so riesigen Saal die Mahlzeiten eingenommen. Aber mit 179 Zimmern muss natürlich alles durchorganisiert sein. So erhielten wir für jeden Tag eine Essenszeit vorgeschrieben. Das Essen war wirklich fein, nur warteten wir die ganze Woche vergebens auf einen Salat. Am letzten Tag wurde er dann doch noch serviert. So wird Regula halt nach der Heimkehr die Salatrationen nachholen müssen.
Wie jeden Tag nach dem Nachtessen verzogen sich ein paar Spielverrückte ins Restaurant und unterhielten sich beim Mexikaner, Jassen, Dogspielen oder Hornöchslen. Im Spieleifer konnte es passieren, dass jemand sogar den (scheinbar faden) Tee austrank, ohne den Teebeutel hineinzuhängen.
Samstag, 6. September
Für die heutige Königsetappe mit 750 Höhenmetern aufwärts und 800 abwärts entschieden sich genau 10 kleine Negerlein. Auch der Himmel legte die gestrige Störung ad acta und bescherte uns einen strahlenden Tag. Von Ausserberg nach Nüwärch transportierte ein Kleinbus die Wanderer. Zuerst ging’s durch einen 1.8 km langen Stollen. Stockdunkel war’s darin, daneben floss eine Suone und immer wieder waren kleinere und grössere Pfützen als Hindernisse zu entdecken, oder eben auch nicht. War da vielleicht auch mal ein kleines Stossgebet zu hören: Wenn wir hier nur wieder hinauskommen! Und nun kamen die Aufwärtskraxler auf ihre Rechnung. Im Zick – zack führte ein neu angelegter Weg sehr steil (fast überhängend) den Berg hoch über Erl, einem alten restaurierten Walliserdörflein, nach Honalpa, dem höchsten Punkt mit sagenhafter Aussicht. Catherine gehorchte Köbis gutem Rat und zauberte ein Paar trockene Socken aus ihrem Rucksack. Natürlich mussten die Höhenmeter auch abwärts wieder der Reihe nach abgebaut werden: Fast bekam man den Knieschlotteri, aber alle erreichten nach 5 ½ h den Ort Mund. Hier wird Safran angebaut. Die Felder liegen zwar noch brach, da die krokusähnlichen Blüten erst später erscheinen. Den Safran – Zwetschgenkuchen konnte man zwar schon im Beizli geniessen.
Ergänzung von Sophia:
Schon die ganze Woche säumten schöne Alpenblumen und eine grosse Anzahl
Pilze unseren Weg. Pilze in allen Grössen und Farben wie Fliegenpilze,
Goldröhrlinge, Reizker, Bovisten etc. Aber wenn eine Marschkolonne in
Bewegung ist, wird es von verantwortungsbewussten Leitern
verständlicherweise nicht geschätzt, wenn einzelne zurückbleiben, um genauer
hinzuschauen.
Zu dritt unternahmen die „Abwärtslaufen - Geschädigten“ zum Abschluss noch eine Fahrt aufs Eggishorn. Die Vorderseite lag zwar im Nebel, doch der Blick auf den Aletschgletscher war ungetrübt. Von der Fiescheralp bis zum Bettmersee und nachher zur Bettmeralp genossen wir nochmals die herrliche Aussicht.
Die Schlussbesprechung fand im Restaurant Müller statt, also am gleichen Ort, wo wir am ersten Tag unsere Spaghetti verschlungen hatten. Wir durften den unteren neu gestalteten Raum einweihen und wurden gleich mit zwei riesigen Fleischplatten überrascht. Wenn wir das nur gewusst hätten, dann wäre das Nachtessen im Hotel fast überflüssig gewesen!
Unsere jüngste Teilnehmerin hatte sich mächtig ins Zeug gelegt. Sie hatte den Job gefasst, unser Leiterteam zu verabschieden. Ja, wir alle danken euch ganz herzlich. Elisabeth und Köbi Künzle hatten zum ersten Mal die Organisation der Wanderwoche übernommen und diese Aufgabe hervorragend gelöst, natürlich unterstützt von den alten Hasen Evi und Ida. Es war wirklich super!!!!! Aber eben: Wer etwas so zur Zufriedenheit aller löst, wird früher oder später wieder damit beauftragt!
Sonntag, 7. September
Eine ganze Woche durften wir hier im Wallis die Sonne geniessen und auch am letzten Tag begleitete sie uns auf dem Weg zum Bahnhof. Auch auf der Heimfahrt gab’s noch viel zu erzählen und so verlief die Zeit wie im Flug. Schön, wieder daheim zu sein! Aber nächstes Jahr werden wir Savognin unsicher machen.
Agnes H. (Text und Bilder)