2014-08-07
Innert kurzer Zeit schon zum dritten Mal fährt unsere fast gleiche Gruppe SAC Senioren durch die verwirrenden Kehrtunnels der Albulastrecke. Erst vor zehn Tagen waren wir von unserer Begehung des Sentiero Roma hoch oben auf der Südseite des Bergells zurückgekommen. Doch vielleicht dürfte ich das hier gar nicht ausplaudern, denn wegen des fatalen Leiter Umfalls unseres Leiters konnten wir die Tour nicht als offizielle SAC Tour machen, sondern bloss als Privattour. Auch wenn Badile und Disgrazia fast immer in Wolken eingepackt waren und wir meistens am Abend mit Regen in den Hütten ankamen, war die anspruchsvolle 6-Tage Tour mit etlichen kniffligen T5 Passübergängen, mühsamen Blockfeldern und teilweise langen Tagesetappen doch ein eindrückliches Erlebnis. Besonders wenn die Abende mit Liedern und einem Gläschen Genepi (Bergwermut-Likör) abgeschlossen wurden. Doch heute steigen wir am Südportal des Albulatunnel aus und wandern von Spinas erst gemütlich das Val Bever hinauf. Dölf, unser gewohnter Leiter diesmal wieder an der Spitze, leidlich erholt wenn auch mit einer furchteinflössenden „Schnattere" auf der Stirne. Nach einer Stunde geht es steil eine sonnige Flanke hoch mit prächtiger Blumenwiese. Neben dem Türkenbund fallen vor allem die vielen verschiedene blühenden Hauswurz auf. Von der Fuorcla Crap Alv, die ersten 650 Höhenmeter unter uns, geht der Blick auf die Albula Passstrasse, zu der wir wieder hinuntersteigen müssen bevor es dann gemächlich steigend über den Pass auf die Fuorcla Gualdauna geht, wo auf der jenseitigen Moräne die Chamanna Es-cha sichtbar wird. Den weiten Talkessel auf fast gleicher Höhe umrundend erreichen wir mühelos die Hütte, lange vor den abendlichen Regenschauern mit schönem Regenbogen. Der nächste Morgen erwacht trocken. Und auch wenn im Westen noch dunkle Wolken dräuen ist der Osthimmel doch klar und beschert uns einen wunderschönen Sonnenaufgang auf den Engadiner Bergriesen mit Piz Palü und Bernina. Zügig kommen wir auf dem gut gehbaren Weg höher und erreichen bald über einige hartgefrorene Schneefelder und eine kurze Kletterei den ersten Höhepunkt des Tages, die Porta d' Es-cha. Der Gletscher auf der Nordseite ist zum Glück gut mit Schnee bedeckt und schon etwas aufgeweicht, so dass wir die Steigeisen im Rucksack lassen können und schon nach acht Uhr den zweiten Morgenkaffee in der modernen Keschhütte geniessen. Durch das weite Val dal Tschüvel hinaus, das seine Wasser immer noch in den Inn schickt, geht es nun erst noch etwas tiefer, bevor der Weg ein weiteres Mal aufsteigt zum Sertigpass. Die immer zahlreicheren Wanderer zeigen, dass wir uns einem Ausflüglerziel nähern und in Sertig-Sand hat uns dann die trublige Zivilisation endgültig eingeholt, doch bei einem kühlen Bier und nach einer erlebnisreichen Tour lässt sich das ertragen.
Hansruedi R. (Text), Angela H. (Bild)